Wenn Ein Nachbarsjunge Erzaehlt


by Hans Jorgens

Als ich an einem grauen und kuehlen Septembernachmittag das Treppenhaus betrat, sass Dieter Breuning auf einer Stufe des untersten Treppenabsatzes und sah ziemlich bedrueckt aus der Waesche. Der Junge trug lediglich ein kariertes Oberhemd, seine uebliche zuenftige Lederhose, Socken und braune Halbschuhe, und alles war, wie ich auf den ersten Blick feststellen konnte, vollkommen durchnaesst. Auch sein kurzer, dunkelblonder Haarschopf machte nur allzu deutlich, dass er in einen heftigen Regenschauer geraten sein musste.

"Guten Tag, Herr Jorgens", sagte der Junge hoeflich.

"Hallo Dieter", antwortete ich freundlich, "du bist wohl vom Regen in die Traufe gekommen, was?"

"Stimmt. Leider habe ich meine Schluessel heute Mittag in unserer Wohnung liegen lassen. Und weil niemand zu Hause ist, komme ich jetzt nicht rein!"

"Das ist ja wirklich hoechst unangenehm", sagte ich mitleidig angesichts des vor Naesse und Kaelte zitternden Jungen. "Wie waere es denn mit einer schoenen heissen Dusche bei mir? Ich wuerde dir irgendwas zum Anziehen geben, und deine Klamotten koennten dann zwischenzeitlich trocknen."

Dieters Gesicht hellte sich auf. "Das waere dufte", sagte er strahlend.

"Na, dann komm' mal mit!"

Waehrend ich hinter ihm die Treppen hinaufging, dachte ich darueber nach, was fuer ein Riesenglueck mir doch gerade widerfuhr. Schliesslich waren mir die drei Jungs der Breunings von jeher sympathisch gewesen. Und mehr als das – ich konnte mich an ihren netten Gesichtern, schlanken Leibern und vor allen Dingen den nackten, unbehaarten Beinen gar nicht satt sehen. Von Ende Maerz bis weit in den Herbst hinein trugen Peter, Thomas und Dieter naemlich fast ausschliesslich ihre wunderbaren kurzen Lederhosen, nach deren Anblick ich von jeher geradezu suechtig gewesen war. Und damals, in den fruehen sechziger Jahren, war diese Hosenmode fuer viele Jungens noch geradezu Standard. Herrliche Zeiten!

"Mein Vater kommt um sechs von der Arbeit, meine Mutter erst um halb sieben, mein kleiner Bruder ist auf Klassenreise und der andere beim Nachhilfeunterricht", klaerte Dieter mich auf.

"So, so. Na, dann immer hinein!", sagte ich aufmunternd und liess dem pudelnassen Jungen den Vortritt.

"Danke schoen", antwortete er hoeflich.

Ich wies ihm den Weg ins Badezimmer und scherzte: "Wie eine Dusche funktioniert, ist dir wohl bekannt, oder?"

Grinsend und dabei leicht erroetend sagte der Junge: "Ich glaube schon!"

"Na, dann los! Ich krame mal in meinem Schrank und versuche, etwas Passendes fuer dich zu finden." Am liebsten waere ich geblieben, um dem Bengel beim Ausziehen zuzusehen, gab aber diesem Wunsch nicht nach, sondern verliess erst mal das Badezimmer. Sicherlich hielt er mich fuer einen zufaelligen Junggesellen, dem nur noch die richtige Frau ueber den Weg laufen musste; ganz bestimmt aber nicht fuer den, der ich wirklich war, denn niemand ausser mir selbst wusste damals, dass mich das weibliche Geschlecht nun ueberhaupt nicht interessierte.

Ich forschte im Kleiderschrank nach Sachen, die dem Jungen passen wuerden. Da ich fast so schlank war wie er und er schon fast so gross wie ich, hatte ich dabei wenig Probleme: Unterhose, Unterhemd, Turnhose, Oberhemd, Socken und dazu ein Paar alte Turnschuhe waren schnell zusammengesucht. Dann fiel mir noch ein, dass Dieter ein frisches, grosses Handtuch benoetigen wuerde. Ich nahm es aus dem Schrank und machte mich wieder auf den Weg. Unterwegs liess ich Wasser in den Kochtopf ein, stellte ihn auf den Herd und schaltete diesen ein. Bestimmt wuerde der Junge nichts gegen eine Tasse heisse Schokolade einzuwenden haben. Oder trank er vielleicht schon gern Kaffee? Egal, ich wuerde ihn fragen. Als ich mein Badezimmer betrat, war Dieter noch unter der Dusche. Seine nassen Klamotten lagen auf einem Haufen, daneben die durchfeuchteten Halbschuhe.

"Ich bin's!", rief ich, "ich habe dir was zum Anziehen und ein Handtuch mitgebracht!"

Das Wasserrauschen erstarb fast augenblicklich. Und was nun? Ich stand da wie Pik Sieben. Mein Wunsch, den huebschen Nachbarsjungen einmal im Adamskostuem zu sehen, war fast unbezwingbar. Andererseits wuerde er sich vielleicht vor mir schaemen. Doch sollte ich darauf Ruecksicht nehmen? Ich entschied mich, zu bleiben, denn schliesslich konnte ich mich in meiner eigenen Wohnung aufhalten, wo es mir beliebte.

Der Vorhang wurde zur Seite geschoben, und Dieter kam klitschnass aus der Dusche. Um gar nicht erst Verlegenheit aufkommen zu lassen, reichte ich ihm das Handtuch hin und wies auf die frischen Kleidungsstuecke, die ich auf den Toilettendeckel gelegt hatte.

"Die Sachen da kannst du anziehen", sagte ich laechelnd.

Als er mir in seiner reizvollen Nacktheit gegenueber stand, erroetete der Junge erneut und bedankte sich mit leiser Stimme. Er nahm das Handtuch, drehte sich ein wenig linkisch von mir weg und begann zunaechst, sein Gesicht und die Haare trocken zu rubbeln.

Und dann sah ich die Striemen auf seinem Hinterteil. Ganz eindeutig Spuren eines gut durchgezogenen, biegsamen Rohrstocks! Mir blieb fast die Luft weg ob des koestlichen Bildes, das sich mir darbot. Augenblicklich reagierte mein Schwanz in der Hose, und ich war froh, dass ich an jenem Tag eine etwas weitere Hose trug. Um die Striemen herum hatten sich auf den Hinterbacken bereits blaugruene bis gelblich-schwarze Flecken gebildet, die darauf schliessen liessen, dass die saftige Tracht Pruegel, die der Junge zweifellos bezogen hatte, schon ein paar Tage zurueck lag. Und es schien ihm in jenem Augenblick nicht bewusst zu sein, dass er mir das Ergebnis der Strafaktion gerade in plastischer Deutlichkeit vor Augen fuehrte.

"Komm' ruhig zu mir ins Wohnzimmer, wenn du fertig bist", sagte ich, um irgendwas zu sagen.

"Ist gut, danke!"

"Ach so, moechtest du einen Kakao trinken oder lieber Kaffee?"

Dieter drehte sich wieder zu mir um.

"Haben Sie auch Karo-Kaffee?"

"Leider nicht."

"Ach, dann haette ich gerne einen richtigen Kaffee."

"Alles klar."

Ich ging in die Kueche, befoerderte guten Onko in die Filtertuete, stellte die Kaffeemaschine an und begab mich anschliessend ins Wohnzimmer. Dieter liess nicht lange auf sich warten. Mein Hemd war ihm ein bisschen zu gross, aber die alte blaue Turnhose, die ich vor Jahren zuletzt getragen hatte, passte ihm wie angegossen.

"Nimm Platz", sagte ich.

"Danke schoen."

Er war ein wirklich gut erzogener Junge. Fuer alles und jedes bedankte er sich hoeflich. Als er sich in den Sessel setzte, verzog er kurz das Gesicht. Die Striemen auf seinem Hinterteil waren offensichtlich noch zu spueren. Ich konnte meine Neugier nicht beherrschen und packte den Stier entschlossen bei den Hoernern:

"Na, da dein alter Herr hat aber eine ziemlich deutliche Handschrift", sagte ich laechelnd.

Einen Augenblick lang wusste er mit meiner Äusserung nichts anzufangen. Sein Gesicht war ein grosses Fragezeichen. Dann daemmerte es ihm augenscheinlich.

"Ach so, haben Sie im Badezimmer ... was gesehen?"

"So ist es. Das liess sich gar nicht vermeiden."

"Hab' ich in dem Moment gar nicht dran gedacht", gestand er.

"Das macht ja nichts", sagte ich aufmunternd. "Ich hab' sie frueher auch viel oefter gekriegt, als mir lieb war!"

Er kicherte.

"Wofuer hast du denn die Senge bekommen, wenn ich mal fragen darf?", hakte ich nach.

"Ach, ich bin mal wieder zu spaet nach Hause gekommen. Und dabei hatte mein Vater schon angekuendigt, dass ich das naechste mal einen Arschvoll dafuer kriege."

"Ist er sehr streng mit euch?"

"Ach, es geht so."

Pause.

"Doch, eigentlich schon."

"Na ja, mit drei munteren Jungs in der Familie ist es auch wohl ziemlich hart fuer eure Eltern, oder?"

Wieder kicherte er kurz in sich hinein. "Das stimmt allerdings!"

"Der Kaffee ist bestimmt schon fertig", sagte ich und stand auf.

"Soll ich Ihnen helfen?", fragte Dieter bereitwillig.

"Nein danke, das kriege ich schon alleine hin."

Ich ging in die Kueche und stellte Tassen, Kondensmilch und Zuckerdose auf mein Tablett. Der Anblick des Jungen in der kurzen Turnhose und sein Bericht von der haeuslichen Erziehungsfont hatten mich so erregt, dass meine Haende leicht zitterten, als ich den wunderbar duftenden Kaffee in die Kanne goss. Fest entschlossen, das Thema weiter zu verfolgen, betrat ich wieder das Wohnzimmer.

"Eigentlich krieg' ich zu Hause noch gar keinen Bohnenkaffee", gestand Dieter freimuetig, "nur zu besonderen Anlaessen – zum Beispiel an meinem letzten Geburtstag."

"Na, dann lass' es dir schmecken", forderte ich den Jungen auf, und wir genossen den heissen Tuerkentrank in kleinen Schlucken. Nun taute Dieter immer mehr auf und plauderte munter aus dem Naehkaestchen:

"Peter und Thomas muessen um halb sieben zu Hause sein und ich spaetestens um acht, aber nur dann, wenn ich mich vorher abmelde. Am liebsten haben es meine Eltern, wenn wir alle zusammen um sieben am Abendbrottisch sitzen."

Dieter war mit sechzehn Jahren der Älteste der drei Breuning - Jungs, Thomas war dreizehn und Peter elf. Dass Jugendliche in Dieters Alter zu Hause noch Pruegel bekamen, war zwar nicht ungewoehnlich, aber ganz selbstverstaendlich nun auch wieder nicht. Fuer ihn allerdings offenbar doch, denn nun erzaehlte er ohne jede Scheu von seinem juengsten Erlebnis:

"Freitag habe ich mich mit ein paar Kumpels zum Flippern getroffen. Mein Vater sieht das gar nicht gern, denn fuer ihn ist es pure Geldverschwendung. Mir macht es aber nun mal sehr viel Spass, also darf ich einmal in der Woche da hin. Wir treffen uns in der Kneipe 'Zur runden Ecke'. Einmal hatte ich vor lauter Begeisterung nicht auf die Zeit geachtet und kam erst um halb neun nach Hause. Da hat mein Vater mir fuer zwei Wochen das Flippern verboten. Damals hab' ich nicht mal 'ne Ohrfeige gekriegt, aber er hat ganz trocken zu mir gesagt: 'Wenn du noch mal zu spaet vom Flippern nach Hause kommst, kriegst du 'n Arschvoll!'"

Die Ohren des Jungen leuchteten inzwischen vor Erzaehleifer. Schnell nahm er noch einen Schluck Kaffee.

"Letzten Freitag haben wir eine interne Flipper-Meisterschaft gespielt, und ich kam bis ins Finale. Als ich nach langer Zeit mal wieder auf meine Uhr sah, war es auf einmal kurz vor acht. Sie koennen sich gar nicht vorstellen, was ich da fuer einen Schreck bekommen habe!"

Doch, das konnte ich!

"Ich stand mitten im Endspiel, und mein Gegner war noch nach mir dran. Was sollte ich tun? Einfach aussteigen und nach Hause rennen? Das ging gegen meine Ehre. Ich fragte, ob wir das Endspiel nicht naechste Woche nachholen koennen. Mein Gegner guckte mich an, als ob ich nicht alle Latten im Zaun haette. 'Wieso 'n das?', fragte er misstrauisch. Ich stammelte rum, dass ich nach Hause muss.

'Nee, nee, nix da, das ziehen wir jetzt durch', sagte der andere. Na ja, und dann habe ich mein Spiel halt doch zu Ende gemacht. Weil ich so nervoes war, habe ich ziemlich wenig Punkte geholt. Mein Gegner hat gewonnen, und ich musste ihm ein Bier ausgeben. Danach bin ich ganz schnell raus aus der Kneipe. Und als ich hier ankam, war es schon nach halb neun."

"Oh, oh!"

"Das kann man wohl sagen! Kaum war die Tuer aufgeschlossen, hatte ich schon welche gefangen. Klatsch, klatsch, ging das immer nur. In der Stube lag der Stock schon bereit. 'Hosen runter und buecken', sagte mein Vater. Und dann hab' ich sie richtig gekriegt. Au Backe, ich wusste schon gar nicht mehr, wie das bloede Ding durchzieht."

"Wann hast du denn zuletzt welche bekommen?"

Dieter ueberlegte. "Vor einem guten halben Jahr, wuerde ich sagen. Frueher hab' ich's oefter gekriegt, aber man wird ja auch aelter und weiser."

Ich musste unwillkuerlich lachen. Der Bengel gefiel mir.

"Mein Bruder Thomas muss manchmal alle paar Tage antreten. Der weiss schon gar nicht mehr, wie das so ist, ohne Striemen auf dem Hintern. Macht aber auch 'ne Menge Bockmist in letzter Zeit."

"Auch wenn ich nicht genau ueber euch wohne, hoert man das Geheule doch manchmal ziemlich deutlich."

"Ich weiss. Herr Lehmann von gegenueber sagt oefters, wenn er einen von uns trifft: 'Na, wen hat's denn gestern mal wieder erwischt?'. Das klingt dann richtig schadenfroh, finde ich."

"Habt ihr dem nicht mal einen Boeller in den Briefkasten geworfen?"

Wieder dieses erfrischende Kichern.

"Das war Peter mit seinem besten Freund Joerg Kallweit. Aber die alte Perschinski von gegenueber hat alles gesehen und beide verpetzt. Peter hat seine Senge gekriegt, und dann musste er gleich hinterher 'rueber zu Herrn Lehmann und sich entschuldigen. Eine halbe Stunde spaeter stand Joerg Kallweit mit verheulten Augen vor Lehmanns Tuer und hat sich ebenfalls entschuldigt."

Was fuer interessante Geschichten der Junge erzaehlte! Ich lachte lauthals los, und das feuerte Dieter gleich noch mehr an:

"Ungefaehr vor zwei Wochen kommt Thomas mit einem blauen Auge nach Hause. Meine Mutter fragt ihn erschrocken, wo er das her hat. Er murmelt irgendwas von einem Schulkameraden, mit dem er sich gestritten haette, und bei einer kleinen Rangelei waere es dann eben passiert. Meine Mutter ist voller Mitleid mit ihrem Liebling und kuehlt ihm erst mal das Äuglein mit einem Eisbeutel.

Abends um acht klingelt es an der Tuer. Meine Mutter geht aufmachen. Dann kommt sie in die Stube und sagt zu meinem Vater: 'Heinrich, kommst du mal bitte, da ist ein Herr an der Tuer!' Mein Vater ist sauer, dass man ihn von der Tagesschau wegholt. Man hoert Gemurmel an der Tuer. Dann kommen alle ins Wohnzimmer. Ein fremder Mann und ein Junge begruessen mich. Der Junge hat einen Arm in Gips und ein zerbeultes Gesicht. Mein Vater ruft: 'Thomas, komm' mal in die Stube!'. Mein Bruder erscheint im Schlafanzug und wird ganz blass, als er den Mann und den Jungen sieht.

'Das ist Herr Salzbrenner. Er behauptet, dass du seinen Sohn heute Mittag nach der Schule so geschlagen hast, dass er sich den Arm angebrochen hat und ins Krankenhaus musste. Was hast du dazu zu sagen?'. Mein Bruder stammelt irgendwas vor sich hin. Dann faengt er an zu heulen. Der andere Junge, so ein duennes, schwaechliches Kerlchen, faengt daraufhin auch an zu heulen.

Schliesslich kommt raus, dass mein Bruder das Kerlchen aus persoenlichen Gruenden schon wochenlang veralbert und ihm Schlaege angedroht hat. Als er ihn endlich mal alleine antraf, fing er an, ihn zu verkloppen. Der Junge wehrte sich und traf Thomas voll am Auge. Da wurde Thomas so wuetend, dass er richtig ernst machte. Irgendwie ist der andere dabei so ungluecklich hingefallen, dass er sich den Arm angebrochen hat. Und als der da so rumschrie, kriegte mein Bruder die Panik und ist einfach abgehauen und nach Hause gelaufen.

Na, mein Vater war natuerlich stocksauer auf Thomas! Nach einer Weile zuckelte der Herr Salzbrenner mit seinem Sohn wieder ab. Kaum war die Tuer zu, hiess es nur: 'Rohrstock holen, Hose runter, buecken!' Und dann kriegte mein Bruder so einen Arschvoll, dass von seinem Geheule und Geschreie das ganze Haus gewackelt hat. Meine Mutter ist lieber in die Kueche gegangen, aber ich habe alles mit angesehen. Junge, Junge, da ging aber richtig die Post ab!"

"Ja, das war damals wirklich nicht zu ueberhoeren", bestaetigte ich ihn, noch ganz mitgenommen von seinem hoechst anschaulichen Bericht.

"Nach der Dresche ging's fuer Thomas natuerlich sofort ins Bett, und am naechsten Morgen hat er sein Fruehstueck lieber im Stehen gegessen. Keine Ahnung, wie er den Tag auf dem harten Holzstuhl in der Schule durchgehalten hat!"

"O, daran kann ich mich auch noch gut erinnern", sagte ich. "Bei uns gab's ja manchmal noch vom Lehrer was mit dem Stock. Wem er damit ein paar ueber die kurze Sommerhose gezogen hatte, dem fiel das Sitzen danach ganz schoen schwer."

"Ich hab' mal von einem Lehrer 'ne Ohrfeige kassiert, weil ich ihn aus Versehen mit einer Krampe getroffen hatte!", berichtete Dieter.

"Oha. Und hast du's deinen Eltern erzaehlt?"

Er lachte hell auf. "Natuerlich nicht!"

"Aber du bist immerhin von einem Lehrer geschlagen worden."

"Mein Vater haette gesagt, dass der Lehrer genau richtig gehandelt hat, und wahrscheinlich haette ich dann noch 'n Arschvoll obendrauf gekriegt. Vor'n paar Jahren bin ich mal sitzen geblieben. Au weia, hat mein Vater mich dafuer verdroschen."

"Wenn ich zu Hause Senge kriegen sollte, musste ich immer ueber eine Sessellehne. Du hast erzaehlt, dass ihr euch dafuer buecken muesst. Wird das bei euch immer so gehandhabt?", fragte ich neugierig.

"Wenn meine Mutter uns mit'm Kochloeffel verdroschen hat, dann ueberm Knie. Aber fuer den Rohrstock muessen wir uns immer buecken."

Nun ging ich aufs Ganze: "Und wie tief muesst ihr euch dann runterbuecken?"

Dieter sprang sofort auf und stellte sich in Position. Nicht zu fassen, er demonstrierte fuer mich, in welcher Haltung die Breuning - Jungs zu Hause ihre Schlaege bekamen. Die Knie waren durchgedrueckt, seine Haende umfassten die Schienbeine. Dies bewirkte, dass der Hintern richtig schoen herausgestreckt war, und die kurze Turnhose so stramm gezogen wurde, dass ein Teil der verstriemten Hinterbacken zu sehen war. Ein herrlicher Anblick, den der Junge mir da ganz ungeniert praesentierte! Am liebsten waere ich aufgestanden und haette ihm ein paar Klatscher auf den Po gegeben.

"Na, jetzt weiss ich ja bestens Bescheid", sagte ich laechelnd, als Dieter sich wieder hingesetzt hatte. Wir plauderten noch ueber eine Reihe anderer Themen - zum Beispiel schwaermte er von einer "ganz tollen englischen Band namens The Beatles" - ehe er etwa eine halbe Stunde spaeter wieder hinunter ging. Inzwischen war es naemlich nach achtzehn Uhr, und es musste auf jeden Fall jemand zu Hause sein. Er nahm seine immer noch feuchten Kleidungsstuecke an sich und verabschiedete sich von mir mit dankbaren Worten sowie einem vollendeten Diener. Ich versicherte ihm, dass er jederzeit gern wieder bei mir hereinschauen duerfe.

"Danke schoen. Hoffentlich kriege ich jetzt keinen Ärger!"

"Warum denn das?"

"Wegen des vergessenen Schluessels. Und weil ich die Briketts noch nicht in den Keller gebracht habe. Das sollte ich naemlich heute Nachmittag machen."

Als er gegangen war, liess ich unsere Begegnung noch einmal vor meinem geistigen Auge Revue passieren, und beglueckwuenschte mich selber zu meiner Einladung an diesen so wunderbar offenherzigen Bengel. Fuer die meisten Jungs war es eben damals ganz selbstverstaendlich, dass ihre Hinterbacken genau zwei Bestimmungen dienten, naemlich um auf ihnen zu sitzen und sie ausserdem mehr oder weniger haeufig fuer elterliche Hiebe hinhalten zu muessen.


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